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Johnny’ s großer Wurf als Ghostwriter

Von Valentino am 7. März 2012 veröffentlicht
Thema: Sonstiges

Es war schon spät an diesem Abend und draußen herrschte furchtbares Wetter. Johnny, der sein Geld seit geraumer Zeit als Ghostwriter verdiente, hatte gerade den Wagen in der Garage geparkt. Diese miserable Hütte geht mir langsam auf den Keks, dachte er sich. Schon wieder war er tropfnass geworden, weil er die etwa zwanzig Meter von der alten Garage durch den strömenden Regen zum Haus gehen musste. Von den vielen Kleinaufträgen, die er so als Ghostwriter annehmen musste, konnte er sich aber kein größeres Haus leisten. Klar, die Kollegen aus der Ghostwriter Zunft, die schon seit Jahren im Geschäft sind, sahnen die dicken Fische ab und verdienen prächtig. Johnny hingegen, der erst vor einem Jahr sein Job als Journalist bei der Times aufgegeben hatte, um selbstständiger Ghostwriter zu werden, musste sich mit dem Fallobst abgeben. Kleinere Artikel fürs Internet bleiben für ihn übrig und ab und zu auch mal eine Pressinformation, für die er auch mal ein paar Hunderter einsteckt. Aber der große Wurf ist ihm als Ghostwriter leider noch nicht gelungen. Von den wirklich großen Aufträgen, wie Bücher für Prominente schreiben, konnte Johnny bislang nur in den Zeitungen lesen. Wenn wieder einmal ein Promi einen Bestseller landete, den ein Ghostwriter geschrieben hat und dafür fürstlich belohnt wurde.

Johnny hatte gerade seine nassen Klamotten ausgezogen und über die Dusche in seinem schäbigen Badezimmer gehängt, in dem nicht einmal das Licht richtig funktionierte. Da klingelte das Telefon und er eilte ins Wohnzimmer.
„Hier Mc Cellar!“ meldete er sich.
„Schönen guten Abend!“ sagte eine tiefe und männlich markante Stimme. „Sie sind Ghostwriter, Mr. Mc Cellar, nicht war?“
„Ja, ich bin Ghostwriter! Was kann ich für tun?“
„Wir suchen einen zuverlässigen Ghostwriter! Es geht um ein neues Buchprojekt!“
Johnny setzte sich auf sein Sofa. Da sucht einer einen Ghostwriter für ein Buchprojekt? Johnny war ganz aufgeregt. „Da sind sie bei mir richtig!“
„Wir suchen allerdings nicht irgendeinen Ghostwriter!“ fuhr die markante Stimme fort. „Wir suchen jemanden, der die Biographie von Samuel Daalman schreibt!“
Johnny traf fast der Schlag. Daalman! Der frühere Premierminister? Der sucht einen Ghostwriter und ruft bei ihm an. Wahnsinn!
„Da sind Sie bei mir genau richtig!“ antwortete Johnny und es fiel ihm schwer, seine Aufregung im Zaum zu halten. „Als Ghostwriter bin ich auf so was spezialisiert, müssen Sie wissen! Ich habe schon viele solche Bücher verfasst!
„Sehr gut, junger Mann! Dann sind Sie unser Ghostwriter! Wenn Sie Ihre Sache gut machen, springen 500 für Sie raus. Ist das o.k?“
Johnny dachte nach. 500 Dollar? Wenn er jetzt Ja sagen würde, dann hätte er zumindest die Miete für diesen Monat verdient. Aber…
„Sorry, aber für 500 arbeite ich nicht! Wissen Sie, als Ghostwriter muss ich schon einiges an…“
„Sie arbeiten nicht für 500.000 Dollar?“ fragte die Stimme nach.
„Fü…, Fü… Fün…“ Johnny stotterte. „Gut! Aber nur, weil es Samuel Daalman ist!“
„Morgen früh um acht Uhr holt Sie ein Wagen ab und bringt Sie zu Herrn Daalman ins Büro!“

Johnny legte den Hörer auf. Mit zittrigen Händen goss er sich einen Cognac ein. War das sein großer Wurf als Ghostwriter?