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Kinderlos auf der Babyparty

Von mamani am 2. Juni 2012 veröffentlicht
Thema: Alltag

Frau Meier bekam vor kurzem eine Einladung auf eine Babyparty – oder Babyshower, wie es neudeutsch heißt. Toll, dachte sie sich, was erwartet mich denn da bloß? In ihrem Kopf spielten sich die fürchterlichsten Szenarien ab. Erwachsene Frauen spielen mit Babypuppen und versuchen im Babyrausch, diesen Windeln anzuziehen. Der alkoholfreie Prosecco würde auch nicht im Glas serviert werden, sondern in einer Nuckelflasche für Kleinkinder. Und darauf hatte sie partout keine Lust. Sie hatte in den letzten Jahren schon die abenteuerlichsten Geschichten darüber gehört und gesehen. Nichts desto trotz machte sie sich auf die Suche nach dem passenden Babyspielzeug. Die werdende Mutter hatte keine speziellen Wünsche geäußert, also musste sich Frau Meier ganz auf ihren Geschenkeinstinkt verlassen – und das, obwohl sie keine Ahnung von Spielzeug, ganz zu schweigen von Kindern, hatte. Na, das kann ja heiter werden.

Einige Tage später ging es dann, mit Geschenk bewaffnet, auf zum Müttertreff a.k.a. der Babyshower. Als sie die Wohnung der werdenden Eltern betrat, sprangen ihr die Rosa-farbenen Luftballons sofort ins Auge – am liebsten wäre Frau Meier schon jetzt umgekehrt. Aus dem Wohnzimmer, dem Austragungsort der „Feierlichkeiten“ drangen Gelächter und Gegacker an ihr Ohr. Schon jetzt überlegte sie, mit welcher Ausrede sie die Party schnellstmöglich wieder verlassen konnte. Ihrem Kater gehe es schlecht. Die beste Freundin weint sich die Augen vor lauter Liebeskummer aus. Das Gartenfeuer, dass sie hier gekauft hatte, glimmte noch auf der Terrasse. Aber so richtig überzeugend war leider keine.

Wohl oder übel nahm Frau Meier zwischen den anderen Partygästen platz. Bis auf die werdende Mutter kannte sie keine der anwesenden Frauen. Diese waren offensichtlich Mütter, das hörte man aus ihren Gesprächen heraus. Kein Wunder, dass Frau Meier niemanden kannte, die Damen verkehrten augenscheinliche alle in Spielplatz- und Kinderarztkreisen. Auch wenn die peinlichen Spiele ausblieben, Frau Meier fühlte sich nicht wohl. Die Gespräche drehten sich fast ausschließlich um Kinderkrankheiten, die Geburt und die Kinderunfreundlichkeit der Menschen. Sie konnte da nicht mitreden. Sie fühlte sich ausgeschlossen, auch wenn sie es gar nicht wollte. Frau Meier hatte keine Ahnung von Windeln, Schutzimpfungen oder dem richtigen Erziehungsstil. Und warum auch, bis dahin war sie auch der Meinung, sie braucht nicht unbedingt ein Kind, ihr Kater war ihr Erziehungsobjekt genug.

Als sie Abends völlig gerädert nach Hause kam, saß ihr Freund auf dem Sofa und kraulte ihren Kater hinter den Ohren. Sie sähe aus, als ob sie zwei Tage durchgearbeitet hätte, sagte er. Frau Meier zuckte nur müde. Eine Party voller werdender oder stillender Mütter ist eben kein Spaziergang. Und dann tat sie, wonach ihr schon die ganze Zeit gelüstet hatte: Sie öffnete eine Flasche Rotwein, setzte sich zu ihrem Freund auf Sofa und dachte sich: Lieber eine Flasche Rotwein leeren, als sich in nächster Zeit noch einmal über den Stuhlgang von Kleinkindern austauschen zu müssen. Kinder sind vielleicht anstrengend, doch die Mütter konnten noch viel kraftraubender sein.