Mord im Nobelrestaurant
Von Mueggi am 27. März 2012 veröffentlichtEs war ein einfach abscheulicher Tag im winterlichen Berlin. Wieder einmal pendelten sich die Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ein und anstelle von schönem weißem Schneefall wollte es einfach nicht aufhören wie aus Kübeln zu gießen. Max, der neue Azubi im Restaurant Phönix in der Fasenenstraße war gerade dabei die letzten Arbeiten nach einem anstrengenden Abend mit vielen Gästen abzuschließen. Er räumte das letzte Geschirr aus der Spülmaschine, machte einen letzten Rundgang durch die Küche und wollte sich gerade fertig machen, als er aus dem Büro der Chefin am anderen Ende des Flurs ein verdächtiges Rumpeln hörte. Eigentlich war er davon ausgegangen der letzte zu sein, hatte sich doch Frau Rendner schon vor 30 Minuten sich verabschiedet.
Jetzt lief es Max eiskalt den Rücken herunter. Er wusste, dass im Büro de Tresor mit den Tageseinnahmen stand, die erst am nächsten Tag zur Bank gebracht werden sollten. Einbrecher? Max liebte seinen Job, war froh diese Chance als Schulabbrecher erhalten zu haben, doch war er nicht bereit seine Gesundheit oder mehr aufs Spiel zu setzen. Was sollte er nur machen? Die Polizei rufen? Aber was wenn nur etwas umgefallen ist. Er würde sich zum Gespött seiner Mitarbeiter machen. Der kleine Max, der Angst vor einem runter gefallen Blumentopf hatte.
Er fasste also seinen ganzen Mut zusammen und ging den Flur entlang. Es war wieder ruhig geworden, das ließ seine verkrampften Glieder etwas lockerer werden. Wahrscheinlich war es doch nur ein vollkommen harmloses Geräusch, er würde in 5 Minuten die nasse Kälte der Berliner Nacht entschwinden und nie wieder einen Gedanken an diese Schrecksekunde verschwenden. Zaghaft klopfte er an die Tür. Keine Reaktion. Er lauschte an der Tür, es rauschte. ‚Hat Frau Rendner das Fenster offen gelassen?‘ fragte er sich. Er griff zur Türklinke und wunderte sich, dass die Tür sich öffnete, was war hier los. Ihm strömte kalte Luft entgegen, das Fenster war definitiv offen, also doch Einbrecher?!?
Er betrat das kleine, aber nett eingerichtete Büro. Ihm kamen die Erinnerungen an seinen ersten Besuch hier, es war gerade 4 Monate her, als er zum Vorstellungsgespräch erschien. Doch jetzt war es anders, der freundliche Eindruck der damals herrschte war verschwunden. Durch die Kälte, das ausgeschaltete Licht und den Regen draußen entstand in Max ein beklemmendes Gefühl. Er schaltete das Licht an. Alles ruhig außer dem weit offen stehenden Fenster. Was war hier los? So etwas wäre seiner Chefin nie passiert.
Ansonsten sah alles wie immer aus, abgesehen von dem großen Wasserfleck, den der Regen am Fenster hinterlassen hatte. Frau Rendner würde dies ganz sicher nicht gefallen, doch es war nur Wasser und Max war sich sicher, dass Sie am Ende froh sein würde, dass er diesen Faupax von ihr noch entdeckt hat. Nach einem Einbruch sah es auf den 2. Blick nicht aus, der Tresor in der Ecke schien unberührt und alle Schränke waren verschlossen.
Trotzdem würde er noch schnell seine Chefin anrufen, vielleicht würde sie noch einmal schnell zurück kommen und alles kontrollieren und abschließen. Er war gerade auf dem Weg um den Schreibtisch als er einen schwarzen Pump auf dem Boden liegen sah. Und da war noch was, da steckte ein Fuß in dem Schuh. Max erbleichte, sein Magen drehte sich um. Er rief ‚Frau Render? Geht es ihnen gut? Hallo‘. Er machte einen weiteren Schritt. Es war eindeutig seine Chefin, er erkannte das elegante Kostüm, welches Sie heute trug.
Und dann sah er es, ein Anblick den er sein Leben über nicht mehr aus dem Kopf bekommen würde. Aus dem rechten Auge, oder wem was es einmal war, ragte ein Messergriff, die Klinge musste komplett in den Kopf gerammt worden sein. Seine Knie wurden weich, er musste sich zusammen reißen sich nicht zu übergeben. Dieser Anblick von Frau Renders Kopf in der Blutlache, die sich gebildet hatte, war zu viel für ihn. Er rannte aus dem Büro in die Küche am anderen Ende des langen Gangs. Er kauerte sich in die hinterste Ecke und stammelte unter Schock stehend unzusammenhängende Dinge vor sich hin.
Es dauerte einige Minuten, bis er wieder zu sich kam. Er ging zum Telefon am Eingang der Küche und wählte den Notruf.
Nur wenige Minuten vorher wimmelte es in dem Nobelrestaurant nur so vor Polizei, Kripo und Spurensicherer. Jeder wollte etwas von ihm wissen, es erließ alles über sich ergehen, mehr in Trance als bei klarem Verstand.
Nach 3 Stunden durfte er gehen. Würde man herausfinden wer diese schreckliche Tat begangen hatte? Es war ihm egal, er wusste, er würde nie ins Restaurant zurück kehren, sein Leben hatte sich von einem Moment auf den anderen um 180° gedreht. Egal was nun kommen würde, er wäre nie wieder der gleiche. Mit diesen Gedanken verschwand er im Dauerregen von Berlin.