Richards erlebnisreiche Jugendreise nach Kroatien nebst Gruselfaktor
Von Richard am 8. Juni 2012 veröffentlichtDa stehe ich nun mit meinem Reisekoffer, der kleinen blauen Brotdose, in der ich mein Taschengeld für die Reise gesteckt habe und meinem Ticket nach Kroatien. Den Flyer “Reisen für Jugendliche” knülle ich in mein Handgepäck. Die stickige Flughafenluft und das Gedränge bei der Gepäckabgabe, geben mir das Gefühl von purer Abenteuerlust – oh, ja. Bald werde ich auf dem kleinen Campingplatz des Ferienparks “Petalon” mit meinen Freunden David und Benjamin entspannen und die Schule hinter mir lassen. Da wir keinen fahrbaren Untersatz in Kroatien haben, haben wir uns im Voraus ein Wohnmobil gemietet, mit dem wir durch das Land touren werden. Wirklich günstige Wohnmobile haben wir übers Internet gefunden, genau wie unseren Campingplatz, auf dem wir unsere Freizeit verbringen werden.
Aber erst muss ich mich durch diese Flughafenhölle hier kämpfen, deren Lärm mich meine eigenen Gedanken nicht mehr hören lässt. Mein Gott, was drängeln die Leute so, als wäre das der Sommerschlussverkauf! Ein alter Herr, der sich vor mir durch den Sicherheitsbereich begibt, hat sich zum wiederholten Mal die Schweißperlen von der Stirn gewischt. Jetzt merke ich erst wie heiß und stickig es tatsächlich ist und es dauert schier eine Ewigkeit, bis auch ich durch den Sicherheitsbereich gekommen bin. Und da warten auch schon David und Benjamin auf mich. “Hey, Alter. Alles fit?” “Jo, kann’ losgehen”, antworte ich und laufe mit meinen Freunden zum Flugzeug.
Endlich im Flugzeug angekommen, stopfe ich mein Handgepäck ins Gepäckfach und setze mich auf meinen Platz – hm, ob es wohl von Vorteil ist, in der Mitte einer Sitzreihe zu sitzen? Naja, vielleicht setzen sich ja zwei heiße Schönheiten rechts und links von mir hin. Bei dem Gedanken kann ich mir ein verschmitztes Grinsen nicht verkneifen. Doch – wie könnte es auch anders sein – kommt es anders als gedacht: ein ziemlich rundes Ehepaar kommt ächzend auf mich und meine zwei freien Plätze zu. Nein, bitte nicht! Zu spät: Sie haben Platz genommen! Meinen Kumpels geht es da schon besser: Sie haben eine nette blonde Schönheit in ihrer Mitte sitzen, die sich angeregt mit ihnen unterhält – Was für Glückspilze!
Immer wieder kommt mir der Geruch von beißendem Schweiß in die Nase. Dem Herrn neben mir tropft förmlich die Soße von der Stirn. Am liebsten würde ich mich von meinem Platz entfernen und mich zu meinen Freunden und der netten Blondine setzen, doch da höre ich die Stimme des Kapitäns, der seine Passagiere an Board willkommen heißt. Ich klappe die Armlehnen rechts und links hoch um mir zwischen den beiden Herrschaften ein wenig mehr Platz zu schaffen, doch kaum sind die Armlehnen aufgeklappt, nehmen auch schon die Arme meiner Sitznachbarn darauf Platz. “Gute Idee, mein Freund”, sagt der Herr und kuschelt sich in seinen Sitz. “Weck mich, wenn wir angekommen sind” und bevor ich meinen Ärger über die verlorenen Sitzlehnen preisgeben kann, ist er auch schon eingenickt. Na toll! Gut, was soll’s – ich hole mir meinen CD-Player vom Gepäckfach heraus und möchte gerade Musik hören, als mich die Stewardess freundlich unterbricht und mich fragt, ob ich etwas zu trinken oder zu essen möchte. Ich bejahe höflich und sie gibt mir einen Becher Orangensaft, den ich in den Becherhalter vor meinem Sitz stelle.
Nach einer Weile habe ich dringend das Bedürfnis auf die Toilette zu gehen und so kommt es, dass ich der dicken Frau neben mir die eine fatale Frage stelle: “Entschuldigung, könnte ich kurz mal vorbei?” “Klar, kein Problem”, antwortet diese, doch anstatt aufzustehen und mich durchzulassen, packt sie sich ihr Essen, das sie auf dem Klapptisch vor dem Sitz ausgebreitet hatte, und gibt mir ein Zeichen, mich nun durch ihre Beine zu quetschen. Ich bin kurz davor, mich einfach wieder hinzusetzen und meine Blase in die Schranken zu weisen, doch sie gibt den Ton an und so drücke ich mich durch die nackten, verschwitzten Oberschenkel auf den Flugzeuggang. Igitt – aber egal: Ich muss auf die Toilette!
Doch wieder ein Hindernis: Beide Toilettenkabinen sind besetzt! Ich wippe nervös mit dem Fuß und versuche, dem Blasendruck standzuhalten, da höre ich doch die Stimme des Kapitäns “Sehr geehrte Fluggäste. Bitte legen Sie Ihre Sicherheitsgurte an, da wir durch ein Gewitter einige Turbolenzen erwarten”. Hektisches Anschnallen der Fluggäste – da fliegt die Toilettentür auf und ein junger Mann hetzt auf seinen Sitzplatz. Schnell meine Blase erleichtern, dann das gleiche tun, denke ich bei mir. Doch kaum sitze ich auf dem Toilettensitz (ganz recht: Auch Männer können sitzen!), höre ich ein lautes “Kabuuuum!”. Gewitter! Wie vom Kapitän vorausgesagt. Ich will mich beeilen, doch es läuft und läuft und läuft… Plötzlich ein Luftloch – oh, nein! Der Toiletteninhalt hat sich selbstständig gemacht. Verzweifelt versuche ich, meine Hose trocken zu bekommen. Ein Versuch, der leider bei der mickrigen Leistung des Toiletten-Handtrockners ein hoffnungsloses Unterfangen bleibt. Genervt verlasse ich die Toilette und meine Laune wird auch beim Anblick meiner Sitznachbarin nicht besser. Wenigstens sind die Turbulenzen weniger geworden, also sehe ich mich Imstande, mich ohne Hilfe meiner Sitznachbarin wieder auf meinen Platz zu begeben. Doch genau in dem Moment, in dem ich ein Bein schon auf meinem Sitz habe, macht das Flugzeug einen Schwenker und ich sitze auf dem Schoß der Frau. “Huch, nicht so stürmisch, junger Mann!”, sagt die Frau erschrocken. Peinlich berührt entschuldige ich mich bei ihr und versuche, ihr für den Rest des Fluges nicht in die Augen schauen zu müssen.
“Sehr geehrte Passagiere, wir haben soeben Vrsar erreicht! Wir hoffen, Sie hatten einen angenehmen Flug mit unserer Airline und beehren uns bald mal wieder” Kommentarlos über diesen Witz verlasse ich das Flugzeug – David und Benjamin kommen nach mir aus der Maschine. “Alter, war das cool! Die kleine Blonde hieß Bianca und die hat ihren Urlaub in Deutschland verbracht.”, sagt Benjamin und reibt mir einen Zettel mit einer Telefonnummer unter die Nase. “Ihr Glücklichen – für mich war’s eher eine Jugendreise nebst Gruselfaktor, jedenfalls der Flug dahin”, antworte ich und winke ohne ein weiteres Wort ein Taxi herbei. Meine beiden Freunde David und Benjamin schauen mich verdutzt an und zucken ratlos mit den Schultern.